Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote der EKHN zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular und auf facebook sind wir offen für Ihre Anregungen.

Menümobile menu

Du bist heilig. Huch!

Von Pfarrer Jan Scheunemann aus Lautertal-Reichenbach

© Gobasil

Du bist heilig. Huch! Da war doch diese eine Liedzeile. „Du bist heilig, du bringst Heil“. Ganz klar auf Gott gemünzt. Und jetzt ich, oder wie? Ich bin heilig! Huch? Was meint das denn überhaupt?

Es bedeutet jedenfalls nicht, dass ich mir die Innenbeleuchtung aufgrund meines Heiligenscheins sparen kann. Ich bin ja auch keiner von diesen Typen, die für ihre großen Verdienste für die Religion heiliggesprochen wurden. Wer ist denn heilig? Hier überrascht mich die Plakataktion. Die Fahnen, die mir sagen, „Du bist heilig!“ hängen außen! Würden sie innen hängen, müsste ich mich regelmäßig sonntags in der Kirche blicken lassen. Tun sie aber nicht! Jeder kann sie sehen, ob er gerade aus der Kirche kommt oder nur an ihr vorbeifährt. Jeder kann lesen: Du bist heilig!

Was ist mit „heilig“ gemeint? Wikipedia weiß Rat: Heilig bedeutet, jemand oder etwas gehört „einer Sphäre des Göttlichen, Vollkommenen oder Absoluten“ an. Für mich als Pfarrer heißt das: Das trifft das auf alle Menschen zu, denn jeder und jede ist Geschöpf Gottes!

Da kommt auch wieder die Liedzeile vom Anfang ins Spiel. Die geht nämlich weiter: „Du bist heilig, du bringst Heil, bist die Fülle, wir ein Teil der Geschichte, die du webst“. Gott als Schöpfer*in bestimmt irgendwie unser Schicksal, webt unsere Geschichte. Greift vielleicht lenkend ein, ohne dass wir es merken. Schwer vorstellbar, wie das konkret gehen soll und trotzdem werde ich manchmal das Gefühl nicht los, dass es so ist.

Nämlich oft dann, wenn ich etwas unerwartet Gutes erlebe. Für mich ist das etwas Heiliges! Das Gute, das Vollkommene, das ich mit Gott in Verbindung bringe! Und wie in der Kunst spiegeln die Werke etwas vom Urheber: an der Vollkommenheit Gottes haben die Menschen Anteil, weil sie seine/ihre Geschöpfe sind. Beim Menschen, das hat mal einer meiner Ausbilder gesagt, spiegelt sich das Göttliche im Gesicht. Man kann etwas von Gott erkennen in einem Menschen, der einen anlächelt. Weil Gott mich und alle Menschen auch ansieht und dabei lächelt.

Wikipedia nochmal: „Heilig bezeichnet etwas Besonderes, Verehrungswürdiges.“ Und deswegen ist der Mensch heilig. Etwas von Gottes Heiligkeit steckt auch in jeder und jedem von uns. Weil Gott uns haben will und sich Mühe mit jedem Menschen gegeben hat. Und deswegen ist auch jeder Mensch ehrwürdig, also heilig. Grundsätzlich. Egal wer. Du bist heilig! Kleine Randnotiz: Auch die „Gemeinschaft der Heiligen“, von denen das apostolische Glaubensbekenntnis spricht, meint also jeden Menschen. Das ist kein exklusiver Club.

Und dann steckt noch etwas in diesem Wort: Heilig – darin steckt „Heil“, das Gegenteil von kaputt. Und das Gefühl von Kaputtheit, von Unheil, das beschleicht mich, wenn ich einen Blick in die Welt werfe. Was die Weltpolitik und die Wirtschaft betrifft, aber auch, wenn ich einzelne Menschen betrachte, auch mich selbst. Verletzt sein und verletzt werden ist Grundbestandteil menschlicher Erfahrung.

Deswegen kommt hier ein weiterer Aspekt für mich hinzu: Ich glaube: Gottes Wesen ist im Kern die Alles umfassende Liebe! Gott liebt diese Welt und die Menschen darin und möchte die Welt heilen. In den Begegnungen mit den einzelnen Menschen, aber auch die Welt im Gesamten. Im Großen zeichnet sich die „Heilung“ oder „Heiligung“ der Welt ab im Ostergeschehen, das wir vor einigen Wochen gefeiert haben. Jesu Tod und Auferstehung enthält die klare Botschaft, dass das Leben stärker ist als der Tod! Du bist heilig!

Und im Kleinen lässt sich dieses Heil werden, das Heilig sein persönlich erleben. Zum Beispiel im Gottesdienst: „Kommst zu uns in Brot und Wein, schenkst uns deine Liebe ein“, so schlägt das Lied das Abendmahl vor als Ort zum Erleben des heilig sein.

Aber eigentlich betrifft die Feststellung „Du bist heilig!“ alle Bereiche unseres Lebens. Heilig sein äußert sich in der (Nächsten-)Liebe. Andere Menschen als um ihrer selbst willen wertvoll, als Geschöpfe Gottes ansehen, liebevoll an ihnen handeln. Man kann sich so verhalten, dass die Teilhabe am Heil erkennbar wird: aktiv das Heil in der Welt weiterverbreiten.

Aber auch andersrum funktioniert das: heilig sein ist auch dieses Gefühl, wenn man gezeigt bekommt, dass man geehrt wird, dass man etwas Besonderes ist für einen anderen Menschen. Und für Gott. Denn der/die liebt dich.

Deswegen bist du heilig! Auf so viele Facetten!

Diese Seite:Download PDFDrucken

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist,
und was der HERR von dir fordert,
nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben
und demütig sein vor deinem Gott.

(Micha 6, 8)

Micha 6, 8

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages/tolga tezcan

Zurück zur Webseite >

to top